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Emanuel Moór Sonatas for Cello & Piano

Peter Szabó • Adrienne Krausz
1 CD • 64 Min. • 2007

Er muss ein Exzentriker gewesen sein, dieser Emanuel Moór. Als Kollege von Gustav Mahler, Richard Strauss und Hans Pfitzner oszillierte der 1863 im ungarischen Kecskemet geborene Komponist zwischen Genie und spätromantischem Epigonentum – eine Erkenntnis, die bereits die zeitgenössischen Musikkritiker in zwei Lager spaltete. Seiner vielfachen Begabungen war sich Moór durchaus bewusst: Zur Tonsetzerei gesellten sich noch große pianistische Virtuosität und technischer Erfindungsreichtum wie beim zweimanualigen Moór-Klavier, das seinem Namen am Anfang des 20. Jahrhunderts einen größeren Bekanntheitsgrad verlieh als die bis dahin fertig gestellten Musikstücke.

Außerdem gelang es dem Künstler, der 1931 starb, lebenslang nicht, sich verbal zu zügeln, nie nahm er ein Blatt vor den Mund. Auch damals schon keineswegs ein Garant für dauerhaften oder gar überzeitlichen Erfolg. Die zwei großen künstlerischen Partnerschaften in Moórs Karriere – seine Tätigkeit als Klavierbegleiter der legendären Bayreuth-Brünnhilde und Norma vom Dienst, Lilli Lehmann, sowie die Freundschaft mit und Förderung durch den Cello-Divo Pablo Casals – reichten nicht aus, um seinen kompositorischen Nachruhm zu sichern.

Auch schlägt „Übervater Brahms“ bei ihm gelegentlich hörbar durch. Doch bei welchem Komponisten wäre dies in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht der Fall gewesen?! Man denke nur an das frühe Kammermusikwerk von Richard Strauss. So erwecken Moórs hier eingespielte Cellosonaten einerseits den Eindruck, bei aller Leidenschaftlichkeit, dramatischen Wucht und Verinnerlichung (gerade in den langsamen Sätzen) nichts wirklich Neues, für den CD-übersättigten Rezipienten des beginnenden 21. Jahrhunderts „Unerhörtes“ zu bringen, andererseits haftet ihnen etwas im positiven Sinne Unstetes, Rastloses, unter der Klangoberfläche Brodelndes an. Und gerade das ist faszinierend!

Der Cellist Péter Szabó und die Pianistin Adrienne Krausz geben mit den drei Sonaten aus den Jahren 1891, 1901 und 1908 einen wunderbaren Überblick über die künstlerische Entwicklung Moórs hin zu immer größerer Reduziertheit und Konzentration. Man spürt die absolute Vertrautheit der beiden Interpreten mit diesen Stücken ihres Landsmanns, wodurch der Hörer in die Klangereignisse förmlich hineingezogen wird. Keinerlei Intonationstrübungen beim dunkel timbrierten Cello stören den Genuss. Szabó und Krausz harmonieren einfach perfekt. Leider hat die Aufnahme einen Tick zuviel Hall, ein Manko bei allzu vielen Kammermusikeinspielungen. Es entsteht der Eindruck, als würde man alleine im leeren Konzertsaal sitzen.

Insgesamt handelt es sich nicht bloß um einen Geheimtipp, sondern um die veritable Wiederentdeckung eines Komponisten, der von der Romantik ausgehend, einen anderen, eigenständigen Weg in die musikalische Moderne beschritt wie etwa Ernst von Dohnányi oder Hermann Zilcher. In deren „Liga“ gehört er aber zumindest. Ein besseres Argument für Moórs Genialität als diese Weltersteinspielung ist nicht denkbar.

Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität: 7
Gesamteindruck: 8
(Bewertungsskala: 1-10)
Richard Eckstein

Klassik Heute
Februar 2008

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